Nach einer langen Fahrt durch endlose Wüste erreichen wir gegen Abend die Küste und sehen endlich das Meer und die beleuchteten Frachtschiffe... unsere Herzen schlagen höher. Um wieder einmal die Atmosphäre einer Hafenstadt so richtig auszukosten bleiben wir fast ein Woche in Iquique. Wir spazieren stundenlang den Stränden entlang, erkunden das Hafengelände und beobachten die vielen Seevögel und zu unserem grossen Erstaunen aus nächster Nähe die sich genüsslich in der Sonne räkelnden Seelöwen (Zool.: Mähnenrobben). Da wir nun wieder in einer Grossstadt sind, kommen wir auch in den Genuss exotischer Küche: Wir essen im "Bavaria" Prager Schinken, Schweizer Würste mit Sauerkraut und Kartoffelstock!
Am Meer sind wir zwar angekommen, nur mit der Wärme hapert es immer noch ein wenig. Unser Bruder und Schwager Ernst empfiehlt uns Máncora im Norden von Peru. Das ist aber nur mit tagelangen Busreisen oder per Flugzeug erreichbar und dies entspricht eigentlich nicht unseren Reisegewohnheiten. Aber nach einigen Abfragen von Wetteronline Diensten wird uns schnell klar, wenn wir Wärme wollen müssen wir dorthin. Nach einem problemlosen Grenzübertritt stehen uns 2 x 20 Stunden Busfahrt mit Umsteigen in Lima bevor. Deshalb leisten wir uns einen Deluxe Bus mit komfortablen Ledersesseln die zu einem richtigen Bett aufgeklappt werden können und kommen relativ ausgeruht am Ziel an.
Máncora ist ein Fischerdorf, das dank konstant warmem Klima und schönem Strand immer mehr Touristen, im speziellen Surfer, anzieht. Auf Anhieb finden wir unser neues Traumzuhause Buena Vista (Adresse: in front of the town, on the beach). Wir wohnen in einer hellen Maisonette-Suite mit hohen Fenstern, oben das offene Schlafzimmer mit Blick aufs Meer (ohne im Bett den Kopf heben zu müssen) und ganz wichtig: mit eigener Küche!
Jetzt ist reisefreies Entspannen angesagt! Wir zmörgeln ausgiebig auf unserer Terrasse und bewegen uns danach an den eigenen Strand in den Liegestuhl oder hüpfen direkt in die grossen Wellen des Pazifiks. Jeden Tag werden wir mit einem einzigartigen Sonnenuntergang verwöhnt, Abend für Abend in anderen Bildern und neuen Formen.
Mit dem Eindunkeln kommt einer der schönsten Momente unseres Ferien-Alltags, wir kochen unser Abendessen und rüsten, schnetzeln, brutzeln und braten ausgiebig. Sogar unsere mitgebrachte Röstiraffel kommt zum Einsatz, wobei wir noch etwas mit den Kartoffelsorten und deren Konsistenz herumexperimentieren.
Mehrmals pro Woche spazieren wir ins Dorf und kaufen auf dem Markt ein. Es gibt Berge von Früchten, Gemüse und Eierkartons, an Hacken hängen verschiedene Fleischstücke und Innereien, auf Tischen sind frische Fische ausgelegt und in Plastikbecken schwimmen Meeresfrüchte. Ein Mitglied der Familie ist dauernd damit beschäftigt, all die lästigen Fliegen mit einem Wedel zu verscheuchen. Das Einkaufen ist immer wieder ein Erlebnis, wo sind die reifsten Tomaten, wer hat die schönsten Crevetten und wann gibt es wieder leckere Schweinswürste? Voll gepackt fahren wir mit einem der vielen Moto-Taxis über die holprigen Strassen nach Hause und hoffen, dass alle Eier im Plastiksack heil ankommen.
An unserem ersten Wochenende wird San Pedro gefeiert, der Schutzheilige der Fischer (auf gut Deutsch: Petri Heil!). Im Dorf ist Jahrmarktstimmung, es gibt ein kleines Karussell, Zuckerwatte und gebrannte Mandeln, viele Schmuck-, Kleider- und Fressstände und 4 Tage lang bis in die frühen Morgenstunden laute Musik. Unübersehbar ist eine peruanische Version des "billigen Jakobs", der aus einem grossen Topf mit einer öligen Masse laufend tote Tiere, wie Schlangen, ein Äffchen und eine kleine Raubkatze herauszieht. Diese verklebten und tropfenden Viecher sollen diesem Saft die magische Kraft geben. Ein Fläschchen der wundersamen Flüssigkeit kann für wenige Soles erstanden werden und heilt alle Hautkrankheiten, hilft bei Gelenkschmerzen und sonstigen Beschwerden. Eine Gratisprobe bekommt jeder der will an Ort und Stelle.
Auch hier gilt: Kein richtiges Fest ohne Feuerwerk. Auf dem Dorfplatz steht ein mehrstöckiger Turm, an dem überall Gestänge und Räder montiert sind. Beim näheren Hinschauen entdecken wir, dass am ganzen Bambus-Gebilde Feuerwerkskörper angebracht sind. Wenn das Ding losgeht wollen wir dabei sein und kommen mit dem ganzen Dorf gespannt zu diesem nächtlichen Ereignis. Ein Sprecher weist darauf hin, einen Sicherheitsabstand einzuhalten, wobei niemandem klar ist wie gross dieser sein soll... und so geht's mit einem Knall los, mittels einer Zündschnur wird Stockwerk für Stockwerk entfacht, feurige Räder drehen, Vulkane speien, Raketen fliegen, dazwischen kracht es ohrenbetäubend und zum Schluss regnet es Goldregen. Wir stehen mitten drin, um uns spritzen die Funken und fliegen die Fetzen und immer wieder fliehen wir mit der lachenden und kreischenden Menge von einer Ecke in die andere.
In den folgenden Tagen wird der Mond immer voller und auch die Gezeiten unübersehbar intensiver. Das Meer wird stürmisch und die Wellen höher und stärker. Nachts donnert es am Strand, die Fenster klirren und ab und zu zittert sogar unser Haus. Für die Surfer herrschen paradiesische Zustände, aber für das schöne Ufer wird es prekär. Täglich wird mehr Sand abgetragen und wir können nur zusehen wie der Strand immer schmaler wird. Die Beizenzelte mit Tischen und Stühlen werden stündlich zurückversetzt und es werden Wassergräben ausgehoben. Als tragischer Höhepunkt folgt der Zusammenbruch des Malecóns, die Steinmauer der langen Strandpromenade. Den Einheimischen bleibt nichts anderes übrig als dies mit Fassung zu tragen und mit Improvisieren leben sie ihren Alltag weiter.
Nun geht unsere Ferienzeit zu Ende und wir haben vor, ins Amazonas Becken zu reisen. Da werden wir vermutlich die Pelikane, Fregattvögel und Truthahngeier gegen Moskitos, Schmetterlinge und Piranhas eintauschen!